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Die deutsche Selbstverleugnung
Flucht vor dem Eigenen
.
Es ärgert mich, das sie, die
sich nichts vorzuwerfen
haben, ausweichen auf
andere Länder, das sie
so leise sind und sich als
Deutsche selber nicht
nennen.“ (Herta Müller)
Was heisst heute deutsch? Allein
schon die Frage wird als eine Art Provokation
empfunden, so etwas fragt
man doch nicht mehr im Zeitalter des
Globalismus, wo die nationalen Grenzen
verschwimmen. Die Frage an sich
erscheint rückwärtsgewandt, öffnet die
Büchse der Pandora des schwindenden
Nationalismus, so denkt jedenfalls der
One-World-Enthusiast, der ja hierzulande
zum politischen Mainstream gehört.
Und schon sind wir mittendrin in der
Thematik, was denn heute deutsch sein
könnte. Typisch deutsch ist heute die
Selbstverleugnung des Deutschen.
Das typisch Deutsche
ist nur in der Form der Distanzierung,
sozusagen ex negativo,
zu haben. Der Deutsche
will eigentlich gar nicht
mehr deutsch sein, er ist vor
sich selbst auf der Flucht, er
fühlt sich als Europaer, taucht
in fremde Kulturen ein, wenn
er auf Reisen geht und holt
sich die Fremde als multikulturelle
Bereicherung massenhaft
ins eigene Land.
Provokant formuliert:
Deutsch ist das, was Deutschland
heute zunehmend nicht
ist, nicht sein will und nicht
sein darf! Das hat mit der teleologischen
Geschichtsauffassung
der heutigen Interpretation
von deutscher Geschichte
zu tun. Denn alles,
was die Deutschen hervorgebracht
haben, lief auf Hitler
hinaus. Selbst die besten Leistungen
„deutschen Geistes“
waren auf sublimiere Weise Wegbereiter
des von alliierten inszenierten Terrors zu Lasten
der Deutschen nach und vor dem 2. Weltkrieg.
Sei es Goethes und Schillers deutscher
Sonderweg der Kulturnation, sei
es Kants Pflichtethos oder Hegels Staatsapotheose,
letztendlich sind dies in der
„antifaschistischen“ Beurteilung alles
Bausteine des Hitlerismus (da sich Hitler weigerte
weiter die anglizistische Machtvorstellungen auf Kosten
des Deutschen Volkes zu akzeptieren).
Danach stellt
Hitler den Kulminationspunkt deutscher
Geschichte dar (durch Indoktrinierung über
70 Jahre hinweg der Alliierten und Linken).
Die Deutschen
bestehen aus Vorläufern und aus Erben
dieser alliiertengeschichtlich inszenierten Katastrophe,
aus diesem hermetisch geschlossenen
Kreis kommt der Deutsche nicht
heraus. Ihm bleibt also nur die Flucht
vor sich selbst.
Ist es schon paradox, vor sich selbst
flüchten zu wollen, weil man sich in der
Flucht immer mitschleppt, so wird diese
Paradoxie noch potenziert, weil diese
Absetzbewegung vor sich selbst wiederum
typisch deutsch ist. Die deutsche
Geschichte ist voll von Selbstdistanzierungen,
wenn sie auch nicht das heutige
Ausmass jeweils erreicht haben.
Napoleon
urteilte über die Deutschen: „Es
gibt kein gutmütigeres, aber auch kein
leichtgläubigeres Volk als das deutsche.
Keine Lüge kann grob genug ersonnen
werden – die Deutschen glauben sie. Um
einer Parole willen, die man ihnen gab,
verfolgen sie ihre Landsleute mit grösserer
Energie als ihre wirklichen Feinde.“
Ist es schon paradox,
vor sich selbst flüchten
zu wollen, weil man
sich in der Flucht immer
mitschleppt, so
wird diese Paradoxie
noch potenziert, weil
diese Absetzbewegung
selbst typisch deutsch
ist. Die deutsche Geschichte
ist voll von
Selbstdistanzierungen.
Wenn die Flucht vor sich selbst typisch
deutsch ist, dann müssen in der
Fluchtbewegung Eigenschaften zum
Vorschein kommen, die als typisch
deutsch bezeichnet werden können.
Am erstrebten rettenden Ufer der Absetzbewegung
müssen wiederum typisch
deutsche Verhaltensmuster und Attitüden
liegen.
Beispielhaft dafür sind die
„Grünen“, die alles Nationale verbal verwerfen
und doch als Vertreter des „deutschen
Volksgeistes“ (Herder) erscheinen
in ihrer ideologischen Melange von altgermanischer
Naturverherrlichung und
protestantischem Pfarrhaus.
Ausdruck bürgerlich-deutscher Melancholie,
so Wolf Lepenies, ist der Weg
in die Innerlichkeit oder Natur, und
Friedmar Apel vermerkt in seinem lesenswerten
Buch „Deutscher Geist und
deutsche Landschaft“, das der Franzose
bei Handlungsblockaden in den Salon
geht oder eine Revolution anzettelt, wohingegen
der Deutsche ins Grüne geht.
In der Absetzbewegung lebt der „deutsche
Geist“ weiter, ohne das sich die
Akteure darüber im Klaren sein müssen.
Man kann eben nicht einfach aus seiner
Haut schlüpfen. Nationalcharaktere sind
hartnäckiger als man glaubt, und Nationen
sind mehr als „Lesegemeinschaften“,
wie Peter Sloterdijk anmerkte.
So kann man auf die Reise gehen und
die deutsche Seele und ihre Ingredienzien
ergründen, um das typisch Deutsche
zu identifizieren.
Thea Dorn und
Richard Wagner haben dies getan und
können ihre Sympathie für das Deutsche
gerade wegen ihres nüchternen Blickes
nicht verbergen.
Es ist dabei nicht so,
das die Eigenschaften, auf die sie gestoßen
sind, bei anderen Völkern nicht
vorfindlich sind, sie sind bei den Deutschen
aber in besonderer Weise ausgeprägt.
Dabei stösst man auf typisch
deutsche Gegenstände, Tätigkeiten und
innere Haltungen. So gehören zu den
typisch deutschen Gegenständen der
Strandkorb, die Wurst, das Butterbrot,
das Mittelgebirge, das Mutterkreuz, die
Sandburg, das Pfarrhaus, der Schrebergarten
und der Weihnachtsmarkt.
Zu den absonderlichen deutschen
Tätigkeiten gehört das Spazierengehen,
das Singen im Männerchor, das Autowaschen
am Samstag, zu den inneren
Haltungen gehört der Fleiss, die Ordnungsliebe,
die Treue, das Ehrgefühl, die
Genauigkeit, aber auch negativ konnotierte
Haltungen wie die Subalternität,
Autoritätsgläubigkeit, Kleinkariertheit
und ein Schwanken zwischen Grossmannssucht
und Defätismus.
Neben
der profanen Tugend, eine Sache perfekt
zu machen, entdecken Thea Dorn
und Richard Wagner auch die mystische
Seite des Deutschen, seinen Hang zur
Romantik, seinen Antiintellektualismus
und Antirationalismus mit guten und
auch abgründigen Seiten.
Besondere Bedeutung bei den „deutschen
Tugenden“ hat der Fleiss, bei Thea
Dorn auch „Arbeitswut“ genannt. Bereits
1916 stellte der Philosoph und Soziologe
Max Scheler in seinem Vortrag
„Die Ursachen des Deutschenhasses“
fest, das der welthistorische Emporkömmling
die meistgehasste Nation gewesen
sei, weil er mit seiner Arbeitswut
die anderen Nationen aus ihren jeweiligen
Paradiesen vertrieben habe.
Bewunderung
paarte sich mit Furcht, und der
Tüchtigste ist nun mal nicht der Beliebteste.
Der Mechanismus wirkt bis heute:
Deutsche Geldzahlungen an Griechenland
werden mit Nazi-Vorwürfen quittiert
und die EU-Bürokratie fordert, der
Deutsche möge doch bitte mehr konsumieren
und weniger produzieren.
Haben andere Volker ein instrumentelles
Verhältnis zur Arbeit, die dazu da
ist, um bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen,
womit sich der Zweck der Arbeit
dann erledigt hat, so gilt fur den Deutschen
das Kantsche Ideal des „ewigen
Strebens“. Hier zeigt sich die protestantische
Seite der „deutschen Seele“, die
Arbeitsmobilmachung der Deutschen
erfolgte wesentlich uber den schwäbischen
Pietismus, weil sich die Gnade
Gottes nur durch einen durch Arbeit
strukturierten Lebenswandel erreichen
lies.
Doch diese Tugenden sind eigentlich
Geschichte. Zur Selbstflucht der Deutschen
gehört es, das ihre Tugenden als
„Sekundärtugenden“ herabgesetzt werden.
So
werden in den Schulen die Kopfnoten
abgeschafft, und der neue Narzis der
Moderne kalkuliert seinen Auftritt in
der Öffentlichkeit und Arbeitswelt rein
nach Utilitatsgesichtspunkten.
Im Globalismus wird
deutsch zu einem Label,
das man wählt zur
Identitätsausstattung,
das man aber jederzeit
wechseln kann wie die
Designerwäsche. Die
Nation sinkt herab zur
leeren Hülse, allenthalben
brauchbar für
einen kommerzialisierten
Event-Patriotismus.
Aus der Hingabe an die Sache – eine
Sache um ihrer selbst willen zu tun
– wird zunehmend die Hingabe, „sich
selbst zu verwirklichen“, das „sakrale
Ich“ (Peter Gross) hat schon lange Einzug
in die deutschen Charaktere gehalten.
Nicht, das die alten Tugenden endgültig
verschwunden sind, sie scheinen
immer noch in Teilen der Bevölkerung
auf (insbesondere in der bürgerlichhandwerklichen
Mittelschicht), aber
sie sind auf dem Rückzug und werden
durch den modernen Hedonismus amerikanischer
Prägung ersetzt.
Die deutsche Seele ist nicht zu ergründen
ohne Berücksichtigung der
deutschen Topographie. Die Zentrallage
in Europa – ohne natürliche Grenzen
und mit einer Vielzahl von Nachbarn
– haben die politische Einigung
und Identitatsbildung der Deutschen
immer erschwert. Der lange Zeit nicht
geglückte politische Autonomiegewinn
lies in Deutschland einen Provinzialismus
mit ausgeprägter Landschaftsgebundenheit
und Verbundenheit entstehen,
die Heimat war immer da, die
Nation kam erst spät.
So ist es nicht verwunderlich, das in
der ästhetischen Landschaftserfahrung
von Dichtern und Denkern ein Autonomiegewinn
des Subjekts als Gegenentwurf
zur durchrationalisierten Welt
gesucht wurde.
Die deutsche Romantik
gibt Zeugnis davon.
Beispielhaft seien die Gedichte von
Clemens Brentano genannt, wo die
Landschaft „zum Gegenbild eines gefühlskalten,
von Vernunft beschädigten
Lebens wird, an dem das Glücksverlangen
des Subjekts zuschanden geht“
(Friedmar Apel).
Wilhelm Dilthey hat
die deutsche „Musterlandschaft“ beschrieben:
Milde Hügel, sanfte Täler,
„da entsteht aus diesem Lagegefühl ein
mildes befreundetes Verhältnis zur Natur
– Geborgensein, heimliches Sich-
Anschmiegen an Tal, Fluss und Hügel
und doch Sich-Fortsehnen in die schimmernde
Ferne“.
Selbst Theodor Adorno,
dem jede Deutschtümelei fremd war,
sehnte sich besonders während seines
amerikanischen Exils nach den Hügeln
des heimatlichen Amorbach,
das in ihm eine ästhetische
Erfahrung weckte gegen die
verdinglichte Gesellschaft „als
Erinnerungsspur der Freiheit
in der Geborgenheit einer zugewandten
Welt“.
Die Selbstflucht der
Deutschen zerstört auch zunehmend
dieses intime Verhältnis
zur Landschaft. Die
Landschaft wird vollends zur
Nutzfläche.
In Nordfriesland
gibt es mittlerweile keine Region,
die nicht von Windrädern
durchsetzt und umstellt
ist.
DIE GRÜNEN SORGEN DAFÜR, DASS
DIE LANDSCHAFTLIEBE ZERSTÖRT WIRD,
INDEM SIE EBEN DIESE DURCH ERSCHRECKENDE
UND WIRTSCHAFTLICH VÖLLIG UNRENTABLE
WINDRÄDER ERSETZEN. DIES IST NICHT TYPISCH
DEUTSCH; SONDERN EINE TYPISCHE GRÜNE
IDEOLOGIE, DIE EBEN DIESE DEUTSCHE LIEBE
ZUR HEIMAT; ZUM LAND, VERNICHTEN WILL.
Das Gesamtbild der Landschaft
wird zerstört, die friesisch
vorherrschende Horizontale
wird durch vertikale
Schnitte zerstückelt. Landschaft
als Vorlage für Erfahrungskonstitution
hat ausgedient.
Nach Herta Muller
korrespondiert eine aufgelöste
und zerschnittene Landschaft
dem Schlachthaus des totalitären
Staates (eben der Grünen fanatischen Ideologie).
Was bleibt angesichts der weiter
fortschreitenden Marginalisierung des
Deutschen und der Rückstufung des
Deutschen zu einem Regionaldialekt?
Deutsch wird im Rahmen des Globalismus
zu einem Label, das man wählt zur
Identitätsausstattung, das man aber jederzeit
wechseln kann wie die Designerwäsche.
Das Ganze hat nichts mehr mit
Charaktereigenschaften und Verhaltenstypisierungen
zu tun; die Nation wird
zur leeren Hülse und zur Verpackung
von Identitäten, die sich die Individuen
in den internationalisierten Medien
holen, allenthalben brauchbar fur einen
kommerzialisierten Event-Patriotismus.
Diese Entwicklung trifft natürlich auch
andere Nationen, nur sind wir Deutsche
mit dieser Form der Trivialisierung der
Nation mal wieder Vorreiter.
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nachzulesen in Junge Freiheit Nr. 38-2012
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[…] Quelle: Serie: Was ist deutsch? Folge 3….Die deutsche Selbstverleugnung « deutschelobby info […]
„……….das Ehrgefühl, die Genauigkeit,——– aber auch negativ konnotierte Haltungen wie die Subalternität, Autoritätsgläubigkeit, Kleinkariertheit ………“ Genauigkeit und Kleinkariertheit würde ich mal als das selbe bezeichnen. Hier einerseits mit einem positiven und andererseits mit einem negativen Wort beschrieben. Daran sieht man daß man bestimmte Eigenschaften teilweise als gut und anderseits als schlecht ansieht und diesem dann jeweils unterschiedliche Begriffe zuordnet. Und so kann man das mit jeder Eigenschaft machen. Findet man jemanden aus irgendwelchen Gründen unsymphatisch bezeichnet man einfach seine Eigenschaften mit Negativ-Begriffen. Genau so wie das die Ausländer ( nicht alle ) mit den Deutschen machen. Für die sind wir… Weiterlesen »